Kennen Sie die „plus-valía“ Steuer in Spanien?
Kaum ein Ausdruck in der spanischen (Rechts-) Sprache wird so oft falsch interpretiert wie die „plus-valía“, auf deutsch: „Wertzuwachssteuer“. In keinem spanischen Gesetzestext findet sich dieser Begriff, denn die korrekte gesetzliche Bezeichnung dieser Steuer lautet nämlich: “Impuesto sobre el incremento de valor de los terrenos de naturaleza urbana“ (Steuer auf den Wertzuwachs von erschlossenen Grundstücken), was erst einmal erklärt, warum in der Praxis die Bezeichnung „plus-valía“ entstanden ist. Das Missverständnis rührt daher, dass man die „plus valía“ mit der Einkommensteuer verwechselt, leider ist es aber so, dass in Spanien der beim Verkauf einer Immobilie erzielte Gewinn zusätzlich über die Einkommenssteuer (Impuesto sobre la Renta de las Personas Físicas; IRPF) besteuert wird. Die „plus-valía“ ist also (leider) eine eigene zusätzliche Steuer.
Wie ist die gesetzliche Regelung?
Der genannte Begriff findet sich in dem Real Decreto Legislativo 2/2004 Ley reguladora de las Haciendas Locales (Gesetz über die Gemeindefinanzierung; LHL), wo die plus-valía in Arts. 104 ff geregelt wird. Technisch handelt es sich daher um eine Gemeindesteuer, die also in voller Höhe bei den Gemeinden bleiben und nicht beim Zentralstaat verschwindet. Das Gesetz gibt allerdings nur den Rahmen für das Besteuerungsverfahren (insbesondere Höchstsätze für die Berechnung) vor und überlässt die konkrete Festsetzung im übrigen den Gemeinden. Dies erfolgt durch eine entsprechende lokale Steuersatzung (Ordenanza Fiscal). In dieser Satzung wird unter anderem die Bemessungsgrundlage, Koeffizient, Steuersatz, ev. Befreiungen und Reduzierungen des Steuersatzes, Gutschriften und die Fälligkeit geregelt. Das macht jede Gemeinde (etwas) anders, so dass die „plus valía“ unterschiedlich hoch sein kann.
Was wird besteuert?
Die „plus-valía“ besteuert den Wertzuwachs von Grund und Boden bei einem Immobilien-Verkauf. Positiv ist zumindest immerhin, dass Anbauten jeglicher Art aussen vor bleiben. Bei Eigentumswohnungen fällt die „plus-valía“ von daher eher gering aus, weil ja nur der (geringe) Anteil des Bodenwerts angesetzt werden darf. Die Steuer fällt bei jeglicher Eigentums- oder Nutzungsübertragung eines Rechtes an einer Immobilie an, die der Grundsteuer (Impuesto sobre Bienes Inmuebles; IBI) unterliegt und zwar im Hinblick auf den seit der letzten Übertragung eingetretenen Wertzuwachs bis zu einer maximalen Frist von 20 Jahren.
Was ist die Bemessungsgrundlage und wie wird die Steuer berechnet?
Ausgangspunkt zur Berechnung der Steuer ist der Katasterwert (der steht unter der Bezeichnung „valor catastral“ in dem Grundsteuerbescheid IBI) und nicht etwa der Marktwert oder der von den Parteien in einer notariellen Urkunde angegebene Kaufpreis. In der Satzung der Gemeinde wird ein Koeffizient festgesetzt in Abhängigkeit der seit der letzten Übertragung verstrichenen Jahre (maximal 3,7 gem LHL) sowie der konkrete Steuersatz (max 30 % gem LHL).
Nachstehend eine fiktive Beispielsberechnung:
Katasterwert 100.000 €, 7 Jahre seit der letzten Übertragung, Koeffizient der Gemeinde 2,7, Steuersatz 20 %:
2, 7 % von 100.000 € = 2.700 x 7= 18.900 €, hiervon 20 % = 3.700 € plus valía
Aufgrund der Tatsache, dass jede Gemeinde sowohl den Koeffizienten wie auch den Steuersatz in eigener Zuständigkeit regeln kann ist eine allgemeine Aussage unmöglich, man kann jedoch über die Webseite des Finanzamtes eine fiktive Berechnung durchführen lassen.
Wer ist der Steuerschuldner?
Steuerschuldner ist bei Schenkungen der Erwerber und bei Verkäufen der Verkäufer. Im letzteren Fall ist aber der Käufer (bzw. die Immobilie) nachrangiger Steuerschuldner, falls der eigentlich zahlungspflichtige Verkäufer nicht zahlt. Ein Grund mehr für Erwerber, Sorge dafür zu tragen, dass der Verkäufer auch tatsächlich zahlt, im Zweifel empfiehlt sich also immer, einen Einbehalt vom Kaufpreis vorzunehmen. Früher fand man in Verträgen oft die Klausel, dass auch die „plus-valía“ vom Käufer zu tragen ist, das ist heute nicht mehr zulässig.
Wie ist die Zahlungsfrist geregelt?
Innerhalb einer Frist von 30 Tagen seit der Übertragung muss die „plus-valía“ im Wege der „autoliquidación“ (Selbstversteuerung) gezahlt werden; es erfolgt also keine Festsetzung von Amts wegen. Die Frist verlängert sich auf sechs Monate bei einer Übertragung von Todes wegen. Eine Verjährung tritt erst nach vier Jahren ein. Das spanische Verfassungsgericht (Tribunal Constitucional; TC) hat durch sein Urteil vom 11. Mai 2017 einen grundsätzlichen Rückforderungsanspruch für den Fall festgelegt, in denen ein Immobilienverkauf erfolgte, ohne dass ein tatsächlicher Zugewinn erzielt wurde. In diesen Fällen könnten die Gemeinden keine plus valía fordern, was aber bisher routinemäßig erfolgte, weil ja, wie oben ausgeführt, die Gemeinden eigene Berechnungsparameter haben, die sich eben nicht nach dem Vergleich Einkaufs/Verkaufspreis richten. In der Tat hat dieses Urteil große Unruhe ausgelöst und allenthalben entsteht der von vielen Beratern geförderte Eindruck, man könne einfach Geld zurückfordern. Dem ist leider nicht (ganz) so.
Grundsätzlich sind zwei Vorbedingungen zu erfüllen: zum einen der Nachweis, dass zwischen dem seinerzeitigen Erwerb und späteren Verkauf kein Wertzuwachs erzielt wurde und zum anderen, dass noch keine Verjährung eingetreten ist. Die Verjährung tritt ein vier Jahre nach Abschluss des Verkaufsvorgangs +30 Tage, weil in dieser Frist grundsätzlich die Wertzuwachssteuer bezahlt werden muss. Problematisch ist natürlich die erste Bedingung und zwar ganz einfach, weil die Beweispflicht beim Steuerpflichtigen liegt. Hier aber liegen die wirklichen Probleme. Die einfache Vorlage der Escritura zum Nachweis eines Verkaufs mit Verlust wird nicht ausreichen, denn da liegt das Gegenargument auf der Hand: der Steuerpflichtige hat halt seinerzeit zu teuer eingekauft und jetzt zu billig verkauft, mit dem zusätzlichen Problem, dass die Wertzuwachssteuer ja nur den Wertzuwachs an Grund und Boden besteuert, so dass die Gemeinden leicht argumentieren können, dass die Aufbauten während der Haltezeit völlig marode wurden, während der Bodenwert stark angestiegen sei.
Hinzu kommt, dass das Verfassungsgericht eine Rückzahlungsverpflichtung nur für den Fall entschieden hat, in dem gar kein Wertzuwachs erzielt wurde, nicht aber den Fall, in dem der Wertzuwachs geringer ist, als von der Gemeinde angenommen. Man sollte einen Rückforderungsantrag also nur dann stellen, wenn die absolute Überzeugung besteht, dass ein Wertverlust an Grund und Boden nicht nur entstanden, sondern auch durch Gutachten nachweisbar ist.
Quelle & Kontakt:
Dr. Armin Reichmann
Rechtsanwalt
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